Zu dem Thema „Wie füre ich mein Team?“ gibt es viel theoretisches Wissen und praktische Tipps, die ich als frischgebackene Projektmanager mit viel Disziplin umsetzen kann. Aber sind wir mal ehrlich: Kann ich dabei noch authentisch bleiben? Oder ist es doch eher ein langwieriger Prozess, der daraus besteht, aus Erfahrungen zu lernen und sein Verhalten anzupassen? Ich selber bin durch eine harte Schule gegangen und es war ein langer Weg bis ich mir relativ sicher sein konnte mein Team wirklich gut führen zu können.
Als Neuling in diesem spannenden Beruf befinde ich mich noch in der Komfortzone. Als Projektleiter/in muss ich mich zwar um alles von A bis Z kümmern aber ich bin in einem Team eingebunden. Ich habe noch einen Mentor, jemanden der mich leitet und korrigiert, lobt und tadelt und letztendlich die Konsequenzen meines Handelns trägt. Habe ich mir dann die ersten Sporen verdient, bekomme ich ein kleines Team, das ich als Projektmanager motivieren soll. Meinen Sie das geht so einfach? Gestern war ich noch der selbstständige Macher, der alles in Eigenverantwortung umgesetzt hat. Aber ab heute muss ich führen – können. In erster Linie werde ich meinen Mentor spiegeln und ihm vieles gleich tun.
Als ich in jungen Jahren in dieser Situation war hatte mein damaliger Vorgesetzter eine ausgeprägte basta Mentalität. Der Umgang mit den MitarbeiterInnen war willkürlich, tagesformabhängig und grenzte oft an eine Art Hinterhältigkeit. Natürlich hatte ich nicht vor mein Team in dieser Art und Weise zu führen aber es blitzte in den ersten Jahren doch immer wieder auf, dass ich mich in bestimmten Situationen ähnlich verhielt. Wer mich nicht schnell mit Argumenten überzeugen konnte musste einfach meinem Kurs folgen. Bedenkenträger wurden schnell ins Abseits gestellt und MitarbeiterInnen die auf meiner Linie waren habe ich bevorzugt. Dadurch war eine gute Teambildung erheblich erschwert worden und ich fühlte mich genötigt alles zu kontrollieren, was mein, in Teilen unwilliges Team, erarbeitet hatte. Irgendwann wurde ich zum Kontrollfreak und mein Team lehnte sich zurück und ließ mich machen.
Dann kam glücklicherweise das, was ich jedem Projektmanager nur empfehlen kann. Das 360-Degree-Feedback. In einem sehr umfangreichen Fragebogen wurde man von 2 Vorgesetzten und 3-5 Mitarbeitern hinsichtlich seiner technischen und sozialen Kompetenzen mit einem Schulnotensystem bewertet. Ich selber musste mich auch bewerten. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt eine sehr gute Reputation, sonnte mich in meinen Erfolgen und wurde bei problematischen Situationen in anderen Projekten als Fachmann immer wieder gern dazu geholt. Die Auswertung des Fragebogens hat mich dann Gott sei Dank schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Meine Selbsteinschätzung deckte sich zwar weitgehend mit den Bewertungen meiner Vorgesetzten, aber zwischen mir und dem Team klafft eine nicht unerhebliche Lücke. Mein Team schätzte mich gar nicht so toll ein. Auf der einen Seite wurden meine vermeintlichen Stärken gar nicht als ausgeprägt angesehen und auf der anderen Seite wurden meine offensichtlichen Schwächen mir gar nicht übel genommen. Der wahre Augenöffner war dann in den Freitext Bemerkungen zu finden. Auf ein „He is burning for reaching the targets“ hätte ich ja fast noch stolz sein können, wenn ich dies nicht immer mit dem Kopf durch die Wand durchgesetzt hätte. Aber dass ich meine MitarbeiterInnen nicht als Individuen, sondern schlichtweg als Arbeiterbienen angesehen habe, hat mich sehr geprägt und meinen Führungsstil nachhaltig überdenken lassen.
Zu dieser Zeit hatte ich einen Kollegen, der jeden Morgen erst einmal 1 Stunde durch die Büros seines Teams ging. Ein bisschen Smalltalk hier, eine neue Sichtweise auf ein festgefahrenes Problem dort oder sich einfach mal über die halbwüchsigen Kinder austauschen. In der Außenwirkung habe ich das damals als vertane Zeit empfunden. Im Nachhinein betrachtet war dies eine sehr gute Teamführung und die Zeit dafür musste man sich einfach nehmen.
Ich hatte nie die Absicht in dieser Art und Weise ein Team zu führen, aber ich habe damals in den Anfängen Fehler gemacht und dieser Blog soll ja helfen solche Fehler zu vermeiden. Es hat sich im Führungsstil der Projektmanager von heute viel getan und keine Führungskraft kann mehr allein mit eiserner Hand regieren. Aber wenn wir so richtig unter Druck geraten handelt immer noch jeder instinktiv – und das ist menschlich. Oder?